Foto: Agnes Maagaard

Fünf Fragen an …

Mara Kirchberg (* 1994 in Frankfurt am Main) schafft raumgreifende Szenen durch Skulptur, Installationen und ortsspezifische Interventionen, die sich mit Begriffen wie Effizienz und Erschöpfung sowie deren Einfluss auf körperliche Systeme befassen. Kirchberg hat Contemporary Art an der Estonian Academy of Arts (EKA) in Tallinn sowie Choreografie und Performance am Institut für Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen studiert. Ihre Arbeiten wurden in Deutschland sowie in nordisch-baltischen Staaten ausgestellt und vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Grand Prix des Nordic & Baltic Young Artist Award (NOBA), dem Young Sculptor Award der EKA und dem Eduard-Wiiralt-Stipendium des Estnischen Kulturministeriums.

Du hast performative Künste studiert. Welchen Einfluss hat das heute auf deine Skulpturen und Installationen?

Mein Zugang zu Skulptur und Installation ist geprägt von Choreografie und Performance. Ich denke oft in Szenarien, die eine bestimmte Dramaturgie im Raum erfordern. Viele meiner Arbeiten sind als Systeme angelegt, in denen Flüssigkeiten tropfen und zirkulieren. Dabei verzichte ich auf Motoren oder Pumpen zugunsten einer verlangsamten, manuellen Geste der Wartung.

Das klingt aufwändig. Kümmerst du dich selbst darum?

Die Wartung ist integraler Bestandteil meiner Praxis – eine konzeptuelle, spielerisch-fiktionale Weiterführung der „Maintenance Art“ nach Mierle Laderman Ukeles. Sie zeigt sich in Performances, Kostümen und Objekten, aktuell etwa in PVC-Sweat Suits, Wartungsprotokollen oder Performance Scores.

Welche Materialien benutzt du?

Ich kombiniere gebrauchtes Equipment aus Autowerkstätten und medizinischen Einrichtungen: Schläuche, Kanister, Hebegurte, Altöl. Dinge, die ihre Funktion verloren haben oder als Einzelteile dysfunktional sind. Oft verschmelze ich diese mit thermoplastischen Verfahren zu neuen, hybriden Systemen. Altöl wird mit Logiken von Ausbeutung und Ressourcenextraktion assoziiert. Neben der ökologischen Dimension stelle ich auch eine Verbindung zu jener her, die den Menschen betrifft.

Ähneln deine Arbeiten deshalb Verdauungssystemen?

Ein Ausgangspunkt ist oft das Innere des Körpers. Ich setze an, wo so ein System nicht mehr reibungslos läuft. Es geht mir nicht darum, Verletzlichkeit auszustellen, sondern sie als geteilte Erfahrung spürbar zu machen. Als Grundlage für Fürsorge und Verbundenheit. Für mich liegt in der Verletzlichkeit ein radikales Potenzial, sich dem Druck der Optimierung zu entziehen.

Wieso machst du bei Goldrausch mit?

Goldrausch sehe ich als Chance, mich stärker in der Berliner Szene zu vernetzen. Der Austausch mit anderen Künstler*innen ist eine wichtige Quelle von Inspiration und Unterstützung – gerade jetzt, wo viele institutionelle Strukturen wegfallen.

Interview: Beate Scheder