Leonie Kellein

 

 

Fünf Fragen an …

Leonie Kellein (* 1993) arbeitet in den Bereichen Film, Video und Skulptur. In ihrer transmedialen Praxis erprobt sie die Durchlässigkeit von Materie und Materialität, indem sie komplexe Erzählungen über Trauma, verkörpertes Wissen und historische Kontinuitäten entwickelt. Kellein ist Absolventin des Goldsmiths, University of London und der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Sie hat zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten, darunter das Hamburger Arbeitsstipendium, das MAK-Schindler-Stipendium und den Förderpreis der Arthur Boskamp-Stiftung in Hohenlockstedt.

Wie findest du die Themen für deine Arbeiten?

Ich arbeite ortsspezifisch. Meine Arbeit „A Wing Beat! A Wing Beat!“ geht von einer Gemeinde in Schleswig-Holstein aus, ehemals Lockstedter Lager, die während des deutschen Kaiserreichs und der Nazizeit für militärische Übungen genutzt wurde. Über eine Postkartensammlung mit Luftbildfotografien des Lagers stieß ich auf das Thema Brieftauben. Aus historischen Brieftaubenfotografien habe ich dann die Idee entwickelt, meiner Kamera eine Perspektive zu geben, die einer fliegenden Taube folgt.

Laut deines Artist-Statements untersuchst du, wie die Nicht-Sichtbarkeit eines Traumas Form findet. Wie kann so eine Form aussehen?

Mir geht es weder inhaltlich noch formal um Repräsentation. Ein Trauma kann man nicht „abbilden“. Durch das permanente Verändern eines formalen Zusammenhangs kann ich mich einer komplexen Sache besser nähern. Meine Filme gehen bewusst von verschiedenen Subjekten, Körpern und Zeiten aus. Ich versuche herauszufinden, wie man die Form, eigentlich den ganzen Film, im Sinne geteilter Momente erleben kann.

Du machst Filme, aber nicht nur. Wie können deine Arbeiten aussehen?

Oft nutze ich durchlässiges oder durchsichtiges Material. Ich arbeite viel mit Licht, mit Sound und Loops. Wenn ich Objekte im Raum zeige, geht es um einen Prozess der ständigen Wiederholung und Bewegung. Mir ist die Anhäufung von Schichten wichtig. Unser Leben ist polyfokal.

Wie gehst du bei der Recherche vor?

Im besten Fall ist es so, dass ich von einem ausgewählten Ort ausgehen kann, indem ich dort ausreichend Zeit verbringe und mich mit Expert*innen oder anderen Menschen, die involviert sind, austausche. Zusätzlich recherchiere ich im Nachhinein weiter.

Warum machst du bei Goldrausch mit?

Ich arbeite über Jahre hinweg an sehr komplexen Projekten. Es geht mir darum, sie zu vermitteln. Bei Goldrausch habe ich mich beworben, um Vermittlung zu lernen und mich mit anderen Künstler*innen zu vernetzen.

Interview: Beate Scheder
Foto: @touriszt (Instagram)