Gosia Lehmann

 

 

Porträt Gosia Lehmann, Goldrausch 2020

Fünf Fragen an …

Gosia Lehmann (geb. in Poznań, Polen) studierte am Central Saint Martins College in London und an der Universität der Künste Berlin. Ihr Austauschstudium verbrachte sie an der TAMA University in Tokyo. Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen Video, Szenografie und Sound. Sie entwickelt performative und partizipative Formate. Im Jahr 2019 hat sie das Kunst-Kollektiv Lagoon Parliament mitgegründet, das als Plattform und Netzwerk der Freien Szene in Berlin etabliert wurde. Ihre Arbeiten wurden u.a. an folgenden Berliner Orten präsentiert: im Kunsthaus KuLe, bei 2 OG in der Alten Münze, im Museum für Naturkunde und in der Akademie der Künste.

Gedächtnis und Materialität sind zentral in deiner Kunst. Warum?

Jede*r hofft, dass etwas übrigbleibt, wenn die eigene Zeit vorüber ist. Das ist etwas Existenzielles. Schon als Kind war ich fasziniert von Museumsartefakten, die wie eine Zeitkapsel wirken. Aber je älter man wird, desto kritischer wird man und erkennt, dass die Auswahl der Artefakte manipuliert werden kann. Sie dienen als Belege für Narrative, die Glaubens- oder Wertesysteme stützen. Sie funktionieren ähnlich wie Requisiten in einem Film, für die Hitchcock den Begriff der MacGuffins geprägt hat. MacGuffins sind Objekte, die den Plot antreiben, ohne dass man genau weiß, worum es sich handelt.

Inwiefern arbeitest du mit der Idee der MacGuffins?

Zum Teil sind die Requisiten, die ich für Filme oder Performances herstelle, nicht ganz erklärbar oder sie weisen auf etwas Abwesendes hin. Z. B. habe ich Tarotkarten gemacht, die auf dysfunktionale Statistiken verweisen und im Film dazu genutzt werden, Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Was interessiert dich an Film und Performance?

Ich liebe es Geschichten zu erzählen. Ursprünglich habe ich Film studiert, dann hat es mich zu Installationen und Requisiten hingezogen. Mittlerweile benutze ich Techniken aus dem Film, um Szenografien oder immersive Räume zu bauen, mit denen Menschen interagieren können. Einmal habe ich z.B. eine Wrestling-Bühne nachgebaut.

Woran arbeitest du gerade?

Ein aktuelles Projekt hat den Arbeitstitel Alien Love Hotel. Dafür baue ich eine Umgebung mit verschiedenen Hotelzimmern. Ausgangspunkt sind merkwürdige Tiefseetiere, etwa ein Anglerfisch, der sich fortpflanzt, indem das sehr viel größere Weibchen das Männchen verdaut. Mittels solcher biologischen Systeme hinterfrage ich unsere sozialen Konstruktionen in Bezug auf Gender und Familie.

Warum machst du bei Goldrausch mit?

Es ist toll, einen Ort zu haben, um darüber zu sprechen, wie man in der Kunstwelt existieren kann – und wie man von seiner Kunst leben kann, ohne sich selbst zu verkaufen.

Interview: Beate Scheder
Foto: Jannike Stelling