Fünf Fragen an …
Dior Thiam (* 1993 in Köln) ist eine multidisziplinäre Künstlerin. Von 2015 bis 2024 studierte sie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und an der Universität der Künste Berlin. Ihre Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen vertreten, unter anderem auf der 14. Biennale de Dakar, bei Savvy Contemporary in Berlin, in der Goodman Gallery in Johannesburg und im African Diaspora Art Museum of Atlanta. In den letzten Jahren hat sie mit Projekten und Institutionen wie Dekoloniale – Erinnerungskultur in der Stadt, dem Haus der Kulturen der Welt, Berlin The Watch und Archive Sites zusammengearbeitet.
Womit beschäftigst du dich gerade?
Ich beschäftige mich zurzeit mit Strafgefangenenfotografien aus einem ehemaligen südafrikanischen Gefängnis. Gerade habe einige der Fotos aus einem Archiv in Kapstadt zugeschickt bekommen. Zum ersten Mal habe ich sie in dem Buch „Listening to Images“ von Tina M. Campt gesehen. Ich beschäftige mich schon länger mit kolonialer Fotografie. Über diesen Weg bin ich zur Kriminalfotografie gelangt, die historisch parallel dazu entwickelt wurde. Ich benutze die Fotos als Vorlagen für malerische Arbeiten.
Was interessiert dich an den Fotos?
Beim Weiterverarbeiten ethnografischer Fotos habe ich mich vor allem für die Repräsentation von Frauen interessiert. In der Kriminalfotografie sind jedoch fast nur Männer zu sehen, was an sich schon recht viel aussagt. Die Fotos sind von 1893. Neben der bekannten Profil- und Frontansicht – dem sogenannten mugshot – mussten die Gefangenen sich außerdem die Hände auf die Brust legen. Diese Geste hat etwas sehr Gewaltvolles, Entwaffnendes, andererseits etwas Intimes und Verletzliches. Dieses Paradox finde ich sehr spannend.
Wie arbeitest du damit?
Bisher haben mich vor allem Personen interessiert, in deren Blick oder Haltung sich eine Form von Widerstand oder Trotz zeigt und die sich dadurch dem Blick des Fotografen sowie der Fremdbezeichnung und -abbildung entziehen.
Welchen Unterschied macht es, wo du deine Arbeiten zeigst?
Das vorhandene Hintergrundwissen ist immer ein anderes. Wenn ich gewisse Arbeiten zum Beispiel im Senegal ausstelle, wo die Mehrheitsgesellschaft Schwarz ist oder dieselben Arbeiten in einem weißen deutschen Kontext zeige, ist die Reaktion und auch meine Rolle als Künstlerin natürlich eine andere.
Warum machst du bei Goldrausch mit?
Es gibt so vieles, was die Arbeit als Künstlerin betrifft, das man an der Kunst-Uni nicht lernt, wie man Portfolios zusammenstellt oder Bewerbungen schreibt etwa. Goldrausch bietet einen Raum, in dem man alles fragen kann, ohne dass es peinlich ist.
Interview: Beate Scheder
Foto: Marco Okamoto Hopf