Heyon Han

 

 

Porträt Heyon Han, Goldrausch 2021

Fünf Fragen an …

Heyon Han (geb. 1985 in Südkorea) ist eine in Berlin lebende Künstlerin. Ausgangspunkt ihrer Praxis ist das Sammeln überschüssiger Materialien in der technokapitalistischen Landschaft. Ihre Recherchen und ihre Atelierpraxis fügen sich zu Installationen zusammen, die als Modelle unserer Glaubenssysteme funktionieren und in denen zeitgenössische Wünsche und Unterdrückung physisch werden. Sie studierte Bildende Kunst an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg und an der Hongik Universität in Seoul. Ihre Arbeiten wurden zuletzt in der Gruppenausstellung Hot Mess bei Nâpoleon Komplex, Berlin (2021) und auf dem Pixelache Helsinki 2019 Festival Breaking The Fifth Wall gezeigt.

Du baust deine Installationen aus „überschüssigen Materialien in der technokapitalistischen Landschaft”. Was meinst du damit?

Alles, was überflüssig zu sein scheint und auf exzessive Weise konsumiert wird. Ein Beispiel: Für „Future doesn’t owe you anything“ habe ich 2017 einen postapokalyptischen Convenience Store gebaut. Das Material habe ich auf dem Gelände eines Rock-Festivals in der Nähe meiner Kunstakademie gefunden. Ich bin dort zufällig vorbeigekommen und habe all die Zelte und Stühle gesehen, die von den Gästen zurückgelassen wurden. Sie haben sie nicht nur weggeworfen, sondern vorher noch kaputt gehauen.

So wie Rockstars Hotelzimmer zerstören?

Diesem Geist entspricht das vermutlich. Gleichzeitig mit mir waren Leute vor Ort, die Pfand gesammelt haben. Diese zwei verschiedenen Ökonomien sind dort aufeinandergeprallt – und ich stand dazwischen. Ich hätte meine Kamera mitbringen sollen! Stattdessen habe ich die kaputten Zelte eingesammelt und für meine Installation benutzt.

Installationen kombinierst du oft mit Videos, worum geht es dir dabei?

Für mich ist Video ein Medium, um mich mit den Geräuschen in unserer Umgebung sowohl auditiv wie visuell auseinanderzusetzen. Ich komme aus einer sehr lauten Gegend, in Korea ist immer Lärm. Ich bin mit K-Pop aufgewachsen. Ob du willst oder nicht, ist diese Musik immer und überall zu hören. Überall hängen aufgedrehte Fernseher. Daher erscheint es mir natürlich, den Sound eines Videos in meiner Installation mitlaufen zu lassen.

Wie entstehen deine Titel?

Manchmal ist ein Satz von Anfang an da. Manchmal bleibt etwas bei der Recherche hängen. Meine Recherche ist ein Instrument, um eine Verbindung zwischen meiner Biografie und meinem Werk zu ziehen. Wo stehe ich? Wozu habe ich eine Meinung? Meine Titel sind daher sehr wichtig.

Warum machst du bei Goldrausch mit?

Ich hatte großen Drang nach Gemeinschaft, deshalb klang Goldrausch sehr vielversprechend. Wir machen alle etwas anderes, so können wir uns austauschen, ohne ein Gefühl von Konkurrenz.

Interview: Beate Scheder
Foto: Atsushi Kakefuda