
Fünf Fragen an …
muSa michelle mattiuzzi (* 1983 in São Paulo) ist Performerin, visuelle Künstlerin, Autorin und Filmemacherin mit Wohnsitz in Berlin. Sie versteht sich als Weltbürgerin und arbeitet mit einer breiten Spanne an Medien und Modalitäten – oftmals mit Körper und Stimme – in Auseinandersetzung mit Präsenz, Körperlichkeit und Kommunikation. Unausgesprochene Verträge, koloniale Gewalt, das Plantagensystem, offizielle Archive und intime Fiktionen sind einige der Elemente, die in ihre Arbeit eingehen. Ihre Arbeiten wurden bereits in diversen Gruppenausstellungen gezeigt, zuletzt im Tiroler Kunstpavillon in Innsbruck (2025), im KHI in Florenz – Max-Planck-Institut (2024/2026), im Brücke-Museum in Berlin (2021), auf der 34. Biennale von São Paulo (2021) und im HKW in Berlin (2018/2019).
Wie entstand die Idee für deinen „Abolition Garden“?
Die Idee entstand während der Covid-19-Pandemie, als ich meine Arbeit nicht wie geplant auf der Mercosul Biennale zeigen konnte. Ich verspürte das Bedürfnis, mich mit meinen Erinnerungen und der Geschichte meiner Vorfahr*innen zu verbinden. 2021 wurde ich vom Kurator Anselm Franke zur Residenz in der Villa Romana eingeladen, in Kooperation mit dem Kunsthistorischen Institut in Florenz. Der Zugang zu historischen Naturarchiven und die Erfahrung der florentinischen Region inspirierten das erste Kapitel des Projekts. Während der elfmonatigen Residenz begleitete ich die Jahreszeiten und schuf eine poetische Übersetzung meiner Erfahrungen, indem ich die Pflanzen meiner Großmutter Joaquina kultivierte – als Geste der Erinnerung und des Widerstands auf europäischem Boden.
Worauf bezieht sich der Titel?
Der Titel verweist auf die brasilianische Abolitionsbewegung. Die Kamelie, eine ursprünglich aus Japan stammende Pflanze, wurde im 19. Jahrhundert ein Symbol der Abolition, weil viele Abolitionist*innen sie als stilles Zeichen des Widerstands pflanzten. Besonders verbunden ist sie mit Dona Claudina de Queirós, die versklavte Menschen in einem Garten weißer Kamelien schützte. „Abolition Garden“ reaktiviert diese Geschichte und schafft einen sinnlichen Raum zur Reflexion über koloniale Erbschaften und neue Zukunftsvorstellungen.
In deinem Garten gibt es auch Skulpturen…
Ja, inspiriert vom Konzept „Plot“ der Denkerin Sylvia Wynter – Handlung, Erzählung, aber auch Boden. Ich sehe den Garten als symbolisches Ökosystem, in dem Skulpturen wie Spuren widerständiger Präsenz wirken. Sie sind poetische Gesten und Teil einer Geschichte, die nicht nur mit Worten erzählt wird.
Warum machst du bei Goldrausch mit?
Obwohl ich in Brasilien bereits etabliert war, waren die Bedingungen für meine künstlerische Arbeit dort prekär. Goldrausch bietet mir die Chance, meine Praxis in Berlin weiterzuentwickeln, neue Netzwerke zu knüpfen und meine Arbeit in einem anderen kulturellen Kontext zu verorten.
Interview: Beate Scheder