Yasmin Bassir

 

 

Porträt Yasmin Bassir, Goldrausch 2020

Fünf Fragen an …

Yasmin Bassir (geb. 1989 in Teheran) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Visuelle Kommunikation an der Tehran University of Art und Bildende Kunst an der Universität der Künste Berlin. Wiederholung und damit verbunden ein lebenslanger Prozess sind wichtige Themen ihrer künstlerischen Arbeit. Zurzeit arbeitet sie mit Naturmaterialien. Thematisch setzt sie sich mit Gegensätzen wie Schöpfung und Zerstörung oder Erinnerung und Vergessen auseinander. Ihre Arbeit Ein Werk ohne Ende ist auf Hengam, einer südlichen Insel im Iran zu finden und zu sehen. 2019 erhielt sie das Studienabschluss-Stipendium des DAAD.

2016 hast du mit einem fortlaufenden Projekt begonnen: „Ein Werk ohne Ende“. Worum geht es da?

Ich stelle täglich kleine Formen aus Keramik her, die Blutzellen ähneln. Ich forme sie nach einem System: Mit dem Daumen drücke ich in das Zentrum der Form. Die entstehende Druckstelle nenne ich den leeren Platz des Kerns. Nach einem Jahr habe ich mich gefragt, wie ich sie ausstellen möchte. Ein von Menschen geschaffener Raum kam dafür nicht infrage. So kam ich auf die Idee, sie in der Natur zu verteilen und diese als Ausstellungsraum zu nutzen. Ich habe die Keramiken in den Koffer gepackt und zu mir nach Hause in den Iran gebracht. Dort habe ich sie in der Natur verteilt, manche auch vergraben. Kein anderer Mensch war da, als ich das gemacht habe. Für mich geht es in dem Projekt um Entschleunigung und darum, Kunst zu machen, die kein Konsumprodukt ist.

Welche Rolle spielt Sprache in deiner Kunst?

Eine sehr große. Ich arbeite gerade an einem Projekt, in dem es um Wortspiele geht. Es gibt in meiner Muttersprache Farsi sehr viele Wörter, die mit kleinen Unterschieden in den Buchstaben eine ganz andere Bedeutung haben. Ich sammle diese Wörter und will damit eine Musik schaffen, die man durchs Ansehen hören kann.

Wie das?

Ich glaube, dass Schrift und Wörter eine Form und einen Rhythmus haben. Das liegt auch an meiner Muttersprache. Sie ist sehr melodisch, nicht nur im Klang, sondern auch visuell, vom Schriftbild her. In persischen Gedichten gibt es oft eine hör- und eine sichtbare Melodie.

Was möchtest du mit deiner Kunst bewirken?

In einer Welt, in der alles immer schneller funktionieren muss, geht oft die Qualität verloren. Ich möchte durch meine Arbeitsweise auf die Relevanz der Entschleunigung und des Innehaltens hinweisen.

Warum machst du bei Goldrausch mit?

Während meines Studiums habe ich gemerkt, dass es eine Art von Wissen gibt, das ich dort nicht vermittelt bekomme. Über Goldrausch hoffe ich, dieses zu erlangen und herauszufinden, wie ich von meiner Kunst leben kann.

Interview: Beate Scheder
Foto: Eva Pedroza