Sofiia Yesakova

 

 

Fünf Fragen an …

Sofiia Yesakova (* 1998) studierte an der National Academy of Fine Arts and Architecture in Kiew wo sie 2021 als Meisterschülerin abschloss. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt, unter anderem bei HAUNT/Frontviews in Berlin, in der Fabbrica del Vapore in Mailand, in der Galerie The Address in Brescia, bei AS/EM space in Leipzig und in der antwerp art box in Antwerpen. Sie ist Teil des Vereins frontviews e.V. und lebt und arbeitet aktuell in Berlin. Als alternative Form der künstlerischen Erzählung wählt Yesakova eine „leblose Sprache“ – eine Art von Diagramm oder eine ingenieurmäßige, schematische Art der Zeichnung. Ihre Hauptmaterialien sind Gesso, Holz und viele Schichten Gelatine. Sie realisiert auch Mixed-Media-Installationen, die mit dem Raum interagieren.

Die Rolle von Informationen in unserer Zeit ist ein wichtiges Thema deiner Kunst. Warum?

Mich interessiert, wie Informationen in sozialen Medien vermittelt werden. Man könnte meinen, dass wir heute alles wissen, aber das stimmt nicht. Es ist notwendig, Informationen kritisch zu betrachten, und schwierig, herauszufinden, was der Wahrheit entspricht. Durch den Krieg in der Ukraine hat das Thema für mich noch an Brisanz gewonnen.

Wie wird Kunst daraus?

Ich mache konzeptuelle Kunst und ziehe für meine Analysen viel Literatur hinzu, in der Gewalt und Krieg besprochen werden. Interessant für mich sind dabei auch Parallelen zwischen dem Militär- und dem Religionssystem. Im Militär wird oft vom „heiligen Krieg“ gesprochen und davon, dass nach dem Tod ein besseres Leben käme. Das ähnelt sehr der Religion. Ich versuche in meiner Kunst sehr strukturiert, in einer emotionslosen Sprache über Gewalt und Krieg zu sprechen. Nur so kann man verstehen, was passiert.

Welche Materialien verwendest du?

Oft benutze ich Holz, das ich wie für die Ikonenmalerei vorbereite. Es gibt aber keine Körperlichkeit, keine Ikone. Außerdem beschäftige ich mich zeichnerisch mit Entwürfen von Konzentrationslagern. Wenn man meine Arbeiten sieht und nicht weiß, worum es geht, könnte man sie für Minimal Art halten. Wenn man die Hintergründe kennt, ändert sich die Wahrnehmung.

Wie hat der Krieg in der Ukraine deine Kunst verändert?

Mit Gewalt und Religion habe ich mich schon vorher beschäftigt. Nach Ausbruch des Krieges konnte ich zuerst gar nicht über Kunst nachdenken. Dann habe ich nach Wegen gesucht, über den Krieg zu sprechen und mich entschieden, diese sehr rationale Sprache zu benutzen. In meiner Kunst geht es nicht nur um den Krieg in der Ukraine, vielmehr versuche ich, die Mechanismen von Kriegen und Gewalt an sich zu thematisieren.

Warum machst du bei Goldrausch mit?

Ich würde gerne besser verstehen, inwiefern sich die Kunstszene hier in Deutschland von der in der Ukraine unterscheidet und wie ich aktiv an ihr teilhaben kann.

Interview: Beate Scheder
Foto: Sofiia Yesakova