Fünf Fragen an …
Ana Hupe (geb. 1983 in Rio de Janeiro, Brasilien) promovierte in Bildender Kunst an der Rio de Janeiro Federal University’s School of Fine Arts (PPGAV-UFRJ), 2016) mit einem Austauschjahr an der Universität der Künste Berlin. Sie arbeitet mit Print, Fotografie, Video und Installation. 2019 ist sie für den Marcantonio Vilaça Award nominiert. Außerdem wird sie eine Forschungsreise nach Nigeria (IFA/Künstlerkontakte 2019) unternehmen, die das dritte Kapitel der 2018 initiierten Trilogie Pororocas (Salvador – Havanna – Osogbo) bilden wird. Deren erstes Kapitel wurde mit dem Foco-Preis der ArtRio ausgezeichnet.
Ihre jüngsten Einzelausstellungen waren A lot of future for one single memory (Joaquim Nabuco Foundation, Recife, Brasilien, 2017), Malungas (Gallery Mario Kreuzberg, Berlin und Paço das Artes, Season of Projects, Sao Paulo, Brasilien, 2017) und Readings to Move the Center (CCBB Award for Contemporary Art 2016), Centro Cultural Banco do Brasil. Rio de Janeiro, 2016. Ihre Werke befinden sich in den Sammlungen von Gilberto Chateaubriand (Museum of Modern Art (MAM), Rio de Janeiro), des Rio Art Museums (MAR) in Rio de Janeiro), des Iphan-Instituts, Rio de Janeiro und in privaten Sammlungen.
Mit deiner Kunst willst du ein Gegengedächtnis zum kolonialen Archiv schaffen. Was meinst du damit?
Das Wort Dekolonialisierung wird oft benutzt, aber jeder hat seine eigene Vorstellung davon, was es bedeutet. Mir geht es darum, durch das Erzählen von Geschichten von Frauen, die vom öffentlichen Reden ausgeschlossen sind, Licht in die Nebel der Geschichte zu werfen.
Hast du dafür ein Beispiel?
2017 habe ich für meine Ausstellung „Malungas“, die gleichzeitig in Berlin und São Paulo stattfand, lateinamerikanische Frauen in Berlin und afrikanische Frauen in São Paulo gesucht, um Gemeinsamkeiten zwischen unseren Migrationserfahrungen zu finden. Die Frauen habe ich mit einer Lomokamera mit vier Linsen porträtiert. Ähnliche Kameras haben schon deutsche Fotografen im 19. Jahrhundert benutzt, um die Elite Brasiliens zu fotografieren. Dazu haben die Frauen zwei Texte aus dem 19. Jahrhundert vorgelesen, in denen es um die Rolle der Frau geht. Die Erfahrungen, die ich gemacht habe und auch die Geschichten der Frauen waren aufgrund der sozioökonomischen Unterschiede ihrer Ankunftsländer ganz anders. Das war sehr interessant.
Welche Rolle spielt Recherche bei dir?
Eine sehr große. 2016 habe ich z.B. bei einer Residenz in Südafrika ein Kollektiv kennengelernt, das ein Magazin namens „Chimurenga“ herausgibt. Darin habe ich zum ersten Mal eine Kurzgeschichte von der brasilianischen Schriftstellerin Conceição Evaristo gelesen. Ich fand es sehr interessant, dass ich erst auf Englisch und in Südafrika auf ihre Texte gestoßen bin. Daraufhin habe ich sie als Gast in meine Ausstellung „Readings to Move the Center“ eingeladen, welche als eine große, experimentelle Bibliothek mit Lesezirkel konzipiert war.
Wie entsteht aus deinen Recherchen eine Form?
Texte sind immer mein Ausgangspunkt. Dann entscheide ich mich, welches Format oder Medium zum Inhalt passt.
Warum machst du bei Goldrausch mit?
Ich bin seit fast fünf Jahren in Berlin, finde es aber immer noch schwer zu durchschauen, wie die Kunstszene hier funktioniert.
Interview: Beate Scheder
Foto: Jose Marcal