Emily Hunt

 

 

Porträt Emily Hunt, Goldrausch 2020

Fünf Fragen an …

Emily Hunt (geb. in Sydney) schloss 2012 ihren Master of Fine Arts am Sydney College of the Arts ab. Sie wurde mit dem Marten-Bequest-Stipendium für Malerei (2015), einem Stipendium des Künstlerhaus Schloss Balmoral (2017) und zweimal mit einem Stipendium des Australia Council for the Arts ausgezeichnet (2014 und 2020). Zu ihren jüngsten Ausstellungen gehören: It Takes Time, It’s Risky, It Might Last Forever, Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen (2018) und Second Sight, The University of Queensland Art Museum, Brisbane, Australien (2019). Ihre Arbeiten sind in der australischen Cruthers Collection of Women’s Art zu sehen.

Was magst du am Material Keramik?

Keramik ist auf dreierlei Weise einzigartig: Erstens lassen sich Objekte herstellen, wie mit keinem anderen Material. Zweitens hat Keramik eine Verbindung zur Erde. Drittens weißt du nie genau, was du bekommen wirst, wenn du die Ofentür öffnest.

Neben der Keramik umfasst deine Praxis u.a. auch Radierungen. Was interessiert dich daran?

Ich habe mich lange mit der Druckkunst des 16. und 17. Jahrhunderts beschäftigt, vor allem mit der Darstellung von Hexen, die in manchen Regionen Deutschlands zur Hexenverfolgung geführt hat. Diese starke Kraft der Bilder kann im Rückblick viel über uns erzählen. Aktuell gibt es wieder viel Interesse an Hexenkunst – wohl aus dem Gefühl heraus, dass der Kapitalismus ein rationales System ist, das nicht funktioniert. Überhaupt ist die Frage nach der Balance zwischen dem Irrationalen und Rationalen für mich zentral.

Wie übersetzt du deine Recherchen in Kunst?

In den Radierungen arbeite ich oft direkt mit Elementen aus Originalen von Albrecht Dürer oder Daniel Hopfer. Die Kupferstecher haben sich schon damals kopiert. Es entstanden Kopien von Kopien, immer etwas anders konnotiert. Gewissermaßen stehe ich als Künstlerin in dieser Tradition.

Was macht jahrhundertealte Radierungen für die heutige Zeit relevant?

Viele Radierungen von z. B. Hans Sebald Beham erzählen von Ausschweifung und Zügellosigkeit. Die abgebildeten Menschen haben für mich eine sehr zeitgenössische Präsenz. Die Darstellung von Exzess, Maßlosigkeit und Gier erinnert mich an Karikaturen narzisstischer Politiker*innen wie Trump. Sie destillieren in ihrer Groteskness den Moment und dienen gleichzeitig als „guilty pleasure“. Mich interessiert diese Heuchelei in der Moralisierung von Bildern.

Warum machst du bei Goldrausch mit?

Ich wünschte, ich hätte schon an der Kunsthochschule die Chance gehabt, so viele verschiedene Expert*innen zu treffen. Für mich, mit meiner verrückten Praxis, ist außerdem die Struktur, die Goldrausch bietet, sehr wichtig.

Interview: Beate Scheder
Foto: Rosanna Graf