Fünf Fragen an …
Marion Orfila (geb. 1984 in Toulouse, Frankreich) studierte an der Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris bei Richard Deacon und schloss 2008 ihr Diplom mit Anerkennung ab. 2009–2010 belegte sie ein Postgraduiertenprogramm des DAAD an der UdK Berlin bei Lothar Baumgarten. Orfila nahm u.a. an Residenzprogrammen in der Normandie (Usine Utopik, 2013), in Finnland (Metsätila, 2015) und in Quebec (Langage Plus, 2016) teil. Ihre zumeist ortsspezifischen Installationen, Filme und Videos wurden bereits in Deutschland, Frankreich, Finnland, Kanada und Spanien gezeigt, u.a. in Berlin in Projekträumen wie Autocenter (2009), TÄT (2012, Einzelausstellung), Bar Babette (2017) oder der Galerie House of Egorn (2018) und international in Institutionen wie zuletzt im CIAM La Fabrique in Toulouse (2019) sowie im öffentlichen Raum wie bei Piéce d’Été in Malbuisson (2017). 2015 war sie für den Preis Sciences Po pour l’art contemporain nominiert. 2018 erhielt sie das Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds.
In deiner Kunst geht es oft um Räume. Was interessiert dich daran?
Mich interessiert, wie man sich in Räumen wahrnimmt. Wir können uns kaum verstehen ohne den Raum um uns herum. Wir existieren immer in einem Kontext. Ich spiele damit, diesen Kontext zu transformieren, beispielsweise mit vertikalen oder zerbrochenen Böden, damit wir uns selbst anders verstehen können.
Du beschäftigst dich insbesondere mit „delokalisierten Orten“. Was verstehst du darunter?
Im Begriff ‚Delokalisation‘ schwingt sehr viel Zerreißendes mit. Er beschreibt den Prozess, wenn ein Unternehmen seinen Standort verlagert. Im Englischen geht es auch um ein persönliches Empfinden. All das spielt hinein, hauptsächlich geht es mir aber um die Schaffung eines Ortes ohne Ort. Anfangs habe ich Bäume auf der Oberfläche eines Pools schweben lassen, später habe ich Böden zerbrochen, sodass sie ihre Verortung verloren haben.
Du arbeitest oft in situ. Wie näherst du dich unbekannten Orten an?
Ich gehe mit meinem Raumgefühl und frage mich, wie man sich darin einbringen kann. Dabei benutze ich Beobachtungen, die ich woanders gesammelt habe, und setze sie in Dialog mit dem Raum. Es sind Versuche, Orte zu schaffen, die sonst nicht existieren würden. Für mich wäre es eine verpasste Chance, wenn kein Dialog mit dem Kontext entstehen würde.
Was möchtest du bei deinem Publikum auslösen?
Ich habe das oft Schwindel genannt. In ortsspezifischen Videos habe ich das weiterentwickelt. Die Videos schaut man auf seinem Telefon oder einem tragbaren Bildschirm in dem Raum an, wo sie gedreht wurden. Dadurch wirkt es so, als ob man diese gerade erst filmen würde. Ich versuche beim Publikum das Gefühl hervorzurufen, sie könnten gleichzeitig örtlich oder zeitlich woanders sein.
Warum machst du bei Goldrausch mit?
Ich bin seit zehn Jahren in Berlin. In der Vergangenheit habe ich jedoch meistens in Frankreich und nicht so viel in Deutschland gearbeitet. Das würde ich gerne ändern.
Interview: Beate Scheder
Foto: Joona Kivirinta