Yeongbin Lee

 

 

Porträt Yeongbin Lee, Goldrausch 2018

Fünf Fragen an …

Yeongbin Lee wurde 1985 in Südkorea geboren. Sie studierte Skulptur an der Seoul National University in Südkorea und Freie Kunst (Medien) an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel, Deutschland. In den Jahren 2016 bis 2018 erhielt sie den Muthesius Preis, ein DAAD Stibet I sowie ein Arbeitsstipendium (Theater) und eine Projektförderung von der Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein. Yeongbin Lee lebt und arbeitet in Berlin.

Warum hast du dich bei Goldrausch beworben?

Ich habe sieben Jahre in Kiel studiert. Am Ende des Studiums war ich sehr gelangweilt und musste unbedingt wegziehen. Meine Wahl fiel auf Berlin. Dort erinnerte ich mich an einen Vortrag, den Hannah Kruse über Goldrausch an der Hochschule gehalten hatte und bewarb mich. Kiel war sehr ruhig, fast wie eine Meditation. Das professionelle Leben einer Künstlerin in einer Großstadt muss ich nun erst wieder lernen.

Abgesehen von Goldrausch. Woran arbeitest du aktuell?

Im vergangenen Jahr habe ich ein großes Projekt angefangen: Ich sammle hörbare Bewegungen.

Was meinst du damit?

Es geht um die Visualisierung von Geräuschen. Ich sammle im Alltag hörbare Bewegungen. Ein Beispiel dafür wäre, wenn man eine Tasse vom Tisch nimmt und wieder abstellt. Hörbare Bewegungen hängen immer mit Ort und Zeit zusammen. Da ich in Berlin daran forsche, bedeutet das für mich auch, dass ich Berlin mithilfe hörbarer Bewegungen kennenlerne.

Wo hast du zuletzt eine hörbare Bewegung aufgenommen?

Ich nehme nicht deren Sound auf, sondern zeichne sie aus meiner Erinnerung. Ich habe im März das Projekt an einer Treppe zur U6 an der Friedrichstraße angefangen. Der nächste Ort wird die Tram 6 sein. Ich habe vor, einen Stadtplan der Tram 6 mit Geräuschen zu erstellen. Das sind alles ganz normale Orte, die für mich doch besonders sind.

Du sammelst hörbare Bewegungen. Wie geht es nach dem Sammeln weiter?

Seit Langem beschäftige ich mich mit hörbaren Bildern und sichtbaren Geräuschen. Für meine Arbeit heißt das, dass ich die Geräusche in Zeichnungen übersetze, um sie wieder sichtbar machen. Das mache ich auf verschiedenartige Weise. Ich zeichne genau nach, wie bei einer Illustration, danach abstrahiere ich. Ich sammle gleiche Formen oder gleiche Bewegungen, analysiere und systematisiere sie. In Ausstellungen zeige ich immer verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel eine Installation mit großen Strukturen, Zeichnungen oder Musik. Irgendwann möchte ich ein Geräusche-Lexikon publizieren.

Interview: Beate Scheder
Foto: Philippe Gerlach